Von der Holzplastik, die einen Mönch darstellt, ist mit Ausnahme des Rumpfs fast nichts übrig geblieben, weder Kopfbedeckung noch Gesicht noch Hände. Allein aus seiner Haltung ist abzulesen, dass der Mönch eigentlich ein Manuskript oder Buch vor sich hat. Sein Körper ist es, der liest, hingeneigt zum Wort, fast schon selber zu diesem geworden.
(Burma 18. Jh, Galerie Slim Bouchoucha)

 

Ettore Majorana, der geniale Kopf der italienischen Teilchenphysik, verschwand am 25. März 1938 auf mysteriöse Weise auf einem Passagierschiff von Neapel nach Palermo. Um sein Verschwinden wurde viel gerätselt: politisch bedingter Mord? Entführung durch eine fremde Staatsmacht? Selbstmord? Vor vier Tagen wurde das Rätsel gelöst. Majorana war, fand die Polizei heraus, zweifelsfrei identisch mit einem gewissen Bini, der bis zu seinem Tod in Venezuela lebte. Er hatte sich wohl aus freien Stücken aus dem wissenschaftlichen Leben abgesetzt und war so nicht in Versuchung gekommen an der Atombombe zu bauen. Es gibt neben der Genialität des Denkens auch eine des ethischen Handelns. (Le Monde 8.2.)

 

Heute musst du nichts tun. Das wiederhole ich mir, seit ich wach bin, obwohl ich doch einzig hier bin um nichts zu tun –
„weil es darum geht, einen Span des Gegenwärtigen abzuheben, aufzulesen, zu ergreifen zu erbeuten (…) die (ganz kleinen) Neuigkeiten, die für mich sensationell sind und die ich für mein Leben gern ‚einheimsen’ möchte“, die auch „ganz und gar folgenlos ins Nichts zurückkehren“ können. „Das definiert sehr gut, welcher Luxus das Schreiben ist (jedenfalls meines). (…) Damit eine Praxis der Notatio gelingt, das befriedigende Gefühl der Fülle, des Genusses und des ‚rechten Gebrauchs’ verleiht, muss eine Bedingung erfüllt sein: Zeit zu haben, viel Zeit.“
(Roland Barthes, Die Vorbereitung des Romans)

 

Über den Dächern
erscheint eine Möwe schon
das fünfte Mal wohl

 

Nach dem Kaffee, als wir mit der Wirtin ein paar Worte wechseln, gebraucht sie mir gegenüber auf einmal die Sie-Form. Offensichtlich will sie gegen aussen nicht den Eindruck erwecken, sie sei meine Geliebte oder ein windiges Ding, das sich von einem älteren Herrn aushalten lässt.

 

Eine dürre Frucht
treibt über das Wellblechdach
sei’s der Zaunkönig

 

Hinterlasse einen Kommentar